Biden, Israels

Die USA drängen Israel schon länger dazu, den Schutz der Menschen im Gazastreifen zu verbessern.

09.02.2024 - 05:16:13

Biden nennt Israels Vorgehen in Gaza überzogen. Jetzt werden die Ansagen immer deutlicher. Der Überblick.

  • Palästinensische Kinder begutachten in Rafah die Trümmer zerstörter Häuser und Fahrzeuge nach einem israelischen Bombardement. - Foto: Mohammed Talatene/dpa

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  • Angesichts der Berichte über eine angeblich bevorstehende israelische Militäroffensive in Rafah warnte UN-Generalsekretär António Guterres vor einer humanitären Katastrophe und Folgen für die gesamte Region. - Foto: Bianca Otero/ZUMA Press Wire/dpa

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Palästinensische Kinder begutachten in Rafah die Trümmer zerstörter Häuser und Fahrzeuge nach einem israelischen Bombardement. - Foto: Mohammed Talatene/dpaAngesichts der Berichte über eine angeblich bevorstehende israelische Militäroffensive in Rafah warnte UN-Generalsekretär António Guterres vor einer humanitären Katastrophe und Folgen für die gesamte Region. - Foto: Bianca Otero/ZUMA Press Wire/dpa

Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen hat US-Präsident Joe Biden seinen Ton gegenüber der israelischen Regierung verschärft und das Vorgehen der Streitkräfte gegen die islamistische Hamas als unverhältnismäßig bezeichnet. «Ich bin der Ansicht, dass das Vorgehen bei der Reaktion im Gazastreifen überzogen ist», sagte Biden im Weißen Haus. Es gebe viele unschuldige Menschen, die hungerten, in Not seien oder gar ums Leben kämen. «Das muss aufhören.»

US-Außenminister Antony Blinken hatte bereits am Tag zuvor bei einem Besuch in Israel auffallend kritische Töne angeschlagen und die israelische Führung eindringlich ermahnt, im Gaza-Krieg mehr für den Schutz von Zivilisten zu tun. Die Entmenschlichung, die Israel bei dem Massaker durch die Hamas im Oktober erlebt habe, könne «kein Freibrief» sein, um selbst andere zu entmenschlichen, sagte Blinken. Die täglichen Opfer, die die Militäroperationen der unschuldigen Zivilbevölkerung abverlangten, seien «immer noch zu hoch». 

Bei israelischen Angriffen und Kämpfen im Gazastreifen sind laut Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde binnen 24 Stunden 107 Palästinenser getötet worden. Die Behörde teilte mit, 142 weitere Menschen seien in dem Zeitraum verletzt worden. 

Seit Beginn des Krieges am 7. Oktober beläuft sich demnach die Zahl der getöteten Einwohner des Küstenstreifens auf mindestens 27.947. Rund 67.460 weitere seien verletzt worden.

Terroristen hatten am 7. Oktober im Auftrag der Hamas in Israel ein verheerendes Massaker vor allem an Zivilisten angerichtet. Seitdem führt Israel Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Die hohe Zahl ziviler Opfer im Gaza-Krieg und die desaströsen Lebensbedingungen der palästinensischen Zivilbevölkerung haben international scharfe Kritik am Vorgehen Israels ausgelöst. 

Israel sorgt sich nun laut einem Zeitungsbericht, die USA könnten im Rahmen der Bemühungen um eine Zweistaatenlösung einen palästinensischen Staat auch ohne Zustimmung Israels anerkennen. Die israelische Zeitung «Maariv» schrieb, Israel sehe «intensive Aktivitäten» der US-Regierung mit dem Ziel einer Einigung des Westjordanlands und des Gazastreifens unter einer palästinensischen Regierung. 

UN fürchten humanitäre Katastrophe bei Angriff auf Rafah

Angesichts der Berichte über eine angeblich bevorstehende israelische Militäroffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens warnte UN-Generalsekretär António Guterres vor einer humanitären Katastrophe und Folgen für die gesamte Region. «Die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens ist nun in Rafah zusammengepfercht und kann nirgendwo anders hin. Berichte, wonach das israelische Militär als nächstes Rafah angreifen will, sind alarmierend», schrieb Guterres auf der Nachrichtenplattform X, ehemals Twitter.

«Eine solche Aktion würde den humanitären Albtraum noch weiter verschärfen und könnte ungeahnte Konsequenzen für die gesamte Region haben.» Auch die US-Regierung warnte vor einer großangelegten Offensive. «Wir glauben, dass eine Militäroperation zum jetzigen Zeitpunkt eine Katastrophe für diese Menschen wäre», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. «Wir würden das nicht unterstützen.»

Demonstrationen in Israel zu möglichem Geisel-Abkommen

Unterdessen haben in Israel etliche Menschen für und gegen ein mögliches Geisel-Abkommen mit der Hamas demonstriert. In Jerusalem protestierten Tausende gegen Verhandlungen mit Israels Feinden und für eine Fortsetzung des Gaza-Kriegs, wie mehrere israelische Medien berichteten. In Tel Aviv protestierten demnach zur gleichen Zeit Hunderte Menschen für einen Deal, um die Freilassung der noch immer im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln zu erreichen.

Das israelische Kriegskabinett traf sich am Abend, um über ein mögliches Abkommen mit der Hamas zu sprechen. Demonstranten warfen dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu vor, sein politisches Überleben wichtiger zu nehmen als das Schicksal der Geiseln. Netanjahus rechtsextreme Koalitionsmitglieder drohen derweil, die Regierungskoalition platzen zu lassen, sollte der Ministerpräsident im Rahmen eines Geisel-Deals Zugeständnisse an die Hamas machen.

Bericht: Kontakt zu Hamas-Chef Sinwar soll abgebrochen sein

Hochrangige Hamas-Mitglieder sollen einem israelischen Medienbericht zufolge bereits seit mehreren Wochen keinen Kontakt mehr zum Anführer der Islamistenorganisation im Gazastreifen haben. Jihia al-Sinwar sei auch nicht an der kürzlich an Israel übermittelten Antwort der Hamas auf einen internationalen Vermittlungsvorschlag für ein Geisel-Abkommen beteiligt gewesen, berichtete der israelische Sender Kan. Demnach fürchtet Sinwar, sein Versteck im Gazastreifen könne durch Überwachung etwaiger Kommunikation entdeckt werden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

EU-Militäreinsatz: Gebiet soll auch Meer vor Iran umfassen

Der kurz vor dem Beginn stehende EU-Marineeinsatz im Nahen Osten könnte Handelsschiffe auch vor möglichen Bedrohungen aus dem Iran schützen. Wie nach Informationen der dpa aus dem Beschluss für die Operation Aspides hervorgeht, sollen europäische Kriegsschiffe nicht nur im Roten Meer und im Golf von Aden, sondern auch in der Straße von Hormus sowie im Persischen Golf und im Golf von Oman zur Begleitung von Handelsschiffen eingesetzt werden können. All diese drei Seegebiete liegen vor der Küste des Irans. Vorrangiges Ziel des EU-Einsatzes ist es, Handelsschiffe vor Angriffen der militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen zu schützen.

Israels Armee greift Hisbollah-Kommandeur im Libanon an

Die israelischen Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge einen hochrangigen Kommandeur der Hisbollah im Südlibanon aus der Luft angegriffen. Dies sei eine Reaktion auf Raketenstarts aus dem Libanon Richtung Israel gewesen, an denen dieser laut Militär beteiligt gewesen sein soll, teilte die Armee mit. Die mit dem Iran verbündete Hisbollah-Miliz meldete mehrere Verletzte durch den israelischen Luftangriff. Eine Person befinde sich in «kritischem Zustand». Eine israelische Drohne habe in der Stadt Nabatieh ein Auto direkt getroffen, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen. In dem Wagen hätten zwei Menschen gesessen. 

Kritik an Militäreinsatz in Krankenhaus

Ein israelischer Militäreinsatz in einem Krankenhaus im besetzten Westjordanland könnte nach Einschätzung unabhängiger UN-Experten ein schwerer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht gewesen sein. Das Militär hatte am 29. Januar die Tötung von drei Palästinensern im Ibn-Sina-Krankenhaus in Dschein verkündet, die nach ihren Angaben militante Kämpfer waren. Videoaufnahmen aus dem Krankenhaus zeigten, wie die Spezialkräfte teilweise als medizinisches Personal verkleidet in die Klinik eindrangen. Sie begaben sich nach Angaben der UN-Expertinnen und Experten in den Rehabilitationsbereich und erschossen dort die drei Männer. Mindestens einer von ihnen sei ein Patient gewesen, berichteten die vom UN-Menschenrechtsrat bestellten Experten in Genf. 

Die Männer hätten höchstens festgenommen werden dürfen, sagte sie. Gewalt sei höchstens im Fall von Gefahr für Leib und Leben erlaubt gewesen. «Stattdessen beschloss Israel, sie zu ermorden, womit sie ihr Recht auf Leben auf eklatante Weise verletzten», teilten die Experten mit. Die Tötung eines wehrlosen Patienten, der in einem Krankenhaus behandelt wird, stelle ein Kriegsverbrechen dar. Sie riefen Israel auf, den Vorfall zu untersuchen und diejenigen, die das humanitäre Völkerrecht verletzten, zur Rechenschaft zu ziehen.

@ dpa.de