Deutschland, Berlin

Im Netz finden sich etliche Portale, die Fluggästen eine schnelle und einfache Abwicklung ihrer Entschädigungsansprüche bei Airlines versprechen.

19.03.2023 - 06:08:04

Massenhaft Klagen gegen Airlines bei den Gerichten. Was den Verbraucher freut, wird für die Justiz zur Belastung.

Die Flaute im Zuge der Corona-Pandemie ist beendet: Bei Gerichten an den Standorten größerer Flughäfen landen wieder massenhaft Klagen gegen Airlines. Nach Angaben des Deutschen Richterbundes sind die Zahlen 2022 um rund 40 Prozent auf mehr als 70.000 Fälle gestiegen - bei steigender Tendenz. Die Kunden verlangen meist Entschädigungen für ausgefallene oder verspätete Flüge. Mit knapp 18.000 Fällen gab es beim Amtsgericht Köln das höchste Aufkommen, wie eine Umfrage der «Deutschen Richterzeitung» ergab, auf die sich der Verband bezog.

Es folgen Frankfurt/Main mit mehr als 11.300 und Düsseldorf mit knapp 9000 solcher Klagen. Dahinter liegt das für den Hauptstadtflughafen BER zuständige Amtsgericht Königs Wusterhausen mit mehr als 7000 Fällen. Im laufenden Jahr setzt sich der Trend nach Angaben von Amtsgerichtsdirektor Stephan Lehmann fort: Von den insgesamt 2808 neuen Zivilklagen gehe es in etwa 90 Prozent der Fälle um Forderungen von Fluggästen. Ein Großteil dieser Fälle werde «professionalisiert eingeklagt», schilderte Lehmann.

Auch der Richterbund sieht Portale, mit denen Passagiere ihre Ansprüche schnell und einfach durchsetzen können, als wesentlichen Grund für die massenhaften Klagen. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn verlangte Abhilfe von der Politik. Viele Zivilgerichte würden durch Massenverfahren auch zum Dieselskandal oder durch eine Flut gleichförmiger Verbraucherklagen teilweise blockiert.

Justiz sucht nach Lösungen

Angesichts von «Fließbandklagen», mit denen Anwaltskanzleien und Inkassodienstleister viele Gerichte überhäuften, seien flexiblere Vorschriften im Zivilprozessrecht nötig, betonte Rebehn. «Vorschläge der Richterschaft für sinnvolle Rechtsänderungen liegen seit mehr als einem Jahr auf dem Tisch», sagte Rebehn der Deutschen Presse-Agentur.

Auch die Justiz sucht nach Lösungen: So läuft am Amtsgericht Frankfurt seit 2021 ein Software-Pilotprojekt, das die Richter bei gleich gelagerten Fällen mit Textbausteinen und Vorschlägen unterstützen soll. Nach der erfolgreichen Entwicklung des Prototyps «Frauke» läuft derzeit die Beschaffung einer entsprechenden KI-Anwendung, berichtete das hessische Justizministerium auf Anfrage. Es sei aber noch nicht klar, wann das System, das die letzte Entscheidung beim Richter belasse, für den Praxiseinsatz bereitsteht.

Nach Angaben der Amtsgerichts Frankfurt machten die Flug- und Reiseklagen im vergangenen Jahr 44 Prozent sämtlicher neuer Zivilsachen aus. Die durchschnittliche Verfahrensdauer beträgt 5,9 Monate, wie ein Justizsprecher sagte.

Holpriger Wiederanlauf nach der Pandemie

Nach dem Corona-Jahr 2021 hat der Flugverkehr in Deutschland im vergangenen Jahr wieder deutlich angezogen. Der Flughafenverband ADV hat 2022 mit 165 Millionen Passagieren gut 110 Prozent mehr gezählt als im Jahr zuvor. Zum Vorkrisenniveau des Jahres 2019 fehlten noch 34,1 Prozent der Gäste. Trotz des geringen Volumens kam es im Sommer zu einer Vielzahl von Flugausfällen und Verspätungen, weil Flughäfen, Airlines und andere Dienstleister für den Wiederanlauf nach der Pandemie zu wenig qualifiziertes Personal eingestellt hatten.

Auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), an die sich Kunden ohne Anwalt wenden können, spürte den holprigen Neustart des Luftverkehrs. 2022 gingen mit 25 660 Schlichtungsanträgen zum Luftverkehr mehr als doppelt so viele ein wie ein Jahr zuvor mit 12 175 Fällen, berichtet die SÖP in ihrem Jahresbericht. Der Anteil der Flugfälle am gesamten Antragsvolumen betrug 85 Prozent. Abgeschlossen wurden im vergangenen Jahr 15 466 Flug-Fälle. Knapp die Hälfte (43 Prozent) drehte sich um Annullierungen, 23 Prozent um Verspätungen und 9 Prozent um Probleme mit dem Gepäck.

@ dpa.de

Weitere Meldungen

Juwelendiebstahl: Staatsanwalt will Haft und Freispruch. Jetzt drohen den Tätern Haft- und Freiheitsstrafen. Ein 25-Jähriger soll indes freigesprochen werden. Der Juwelendiebstahl aus dem Dresdner Grünen Gewölbe gilt als einer der spektakulärsten in Deutschland. (Unterhaltung, 31.03.2023 - 19:15) weiterlesen...

Berlin: Verhandlungen von CDU und SPD vor Abschluss. Am Freitag waren noch einige Fragen offen, auch die Ressortverteilung. Doch am Montag soll der Vertrag stehen. CDU und SPD in Berlin sind bei ihren Koalitionsverhandlungen auf der Zielgeraden. (Politik, 31.03.2023 - 16:55) weiterlesen...

Juwelenraub: Staatsanwalt will Haft und einen Freispruch. Jetzt drohen den Tätern Haft- und Freiheitsstrafen. Ein 25-Jähriger soll indes freigesprochen werden. Der Juwelendiebstahl aus dem Dresdner Grünen Gewölbe gilt als einer der spektakulärsten in Deutschland. (Unterhaltung, 31.03.2023 - 16:37) weiterlesen...

CDU und SPD in Berlin wollen schnelleren Wohnungsbau. Am Freitag waren noch Finanzfragen offen, auch die Ressortverteilung. Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD in Berlin sind auf der Zielgeraden. (Politik, 31.03.2023 - 13:27) weiterlesen...

Charles und Camilla im Zug nach Hamburg aufgebrochen. und Queen Camilla vom Balkon des Hamburger Rathauses winken: Nach zahlreichen anderen Stationen werden die britischen Monarchen in der Hansestadt erwartet. Wenn das Wetter es zulässt, werden König Charles III. (Unterhaltung, 31.03.2023 - 11:03) weiterlesen...

Neu-Camper Tim Bendzko: Ärger wegen Gummiwischer. Wenn er unterwegs ist, bringt er es daher einfach mit. Dann übernachtet er auf einem Campingplatz. Tim Bendzko schläft am liebsten im eigenen Bett. (Unterhaltung, 31.03.2023 - 10:02) weiterlesen...