Poker, Pokerspiel

Tilt - Wenn Pokerspieler durchdrehen

02.07.2018 - 10:43:51

Gerade beim Pokern ist man immer unter Anspannung und daher auch sehr gefährdet, einen Tilt zu erleiden. Dieser Tilt bringt Pokerspieler manchmal nicht nur um den Verstand, manche verspielen dadurch sogar ihren ganzen Bankroll. Nur wer Tilt versteht, hat auch die Möglichkeit ihn wirkungsvoll zu bekämpfen.

 
Quelle: Pixabay

Die zwei größten Tilt-Komplexe

Jede emotionale Beeinflussung beim Pokern wie z.B. Texas Holdem lässt sich in eine der zwei großen Tilt-Komplexe einteilen, die jeweils zwei gegensätzliche Strömungen beinhalten.

Tilt-Komplex nr. 1: Loose-aggressiv

Den Loose-aggressiven Tlit kennt so gut wie jeder Spieler beim Pokern. Dieser ist vermutlich der am weitesten verbreiteste Tilt. Bei diesem Tilt spielt man zu viele Blätter und verfällt in Anfängerfehlern, die man meinte, schon längst überwunden zu haben. Das Ausmaß des Schadens hängt wie bei allen Tilt-Arten von der Dauer und der Abweichung des normalen Spiels ab.

Was sind die Auslöser für diesen Tilt?

  • Frustration nach Bad Beats
  • Ein allgemein schlechter Lauf
  • Erbitterter Kampf um ein ausgeglichenes Ergebnis im laufendem Spiel
  • Provokation von einzelnen Spielern
  • Das Gefühl der Unbesiegbarkeit wegen konstant guter Ergebnisse
  • Die Selbstaufgabe nach Erreichen eines "Scheißegal-Gefühls" (äußert sich in wütenden Aktionen aus)
  • Ungeduld, einen kürzlich gemachten Fehler wieder gutmachen zu wollen
  • Rachsucht bei einem Spieler (schlechtes Abschneiden gegen einen konkreten Spieler; scheinbare Notwendigkeit, sich gegen einen Spieler zur Wehr zu setzen, z.B. weil dieser aufgrund von Kartenglück öfter Reraises gespielt hat)

Der Loose-aggressive Tilt hält oft nur recht kurz an. Da sich der Spieler, durch ein verlorenes Stack, wieder abreagiert hat oder seine innere Ruhe wieder zurückgewinnen kann.

Tilt Komplex Nr. 2: Tight-passive

Der Tight-passive Tilt ist das Gegenstück zum Loose-aggressiven Tilt. Dabei geht es wesentlich ruhiger aber nicht weniger verheerend zu. Bei dem Tight-passiven Tilt wird der Spieler allzu defensiv und zieht sich in eine Art Schneckenhaus zurück, anstatt wie gewohnt sein Tight-aggressives Spiel zu praktizieren.

Was sind die Auslöser für diesen Tilt?

  • Verlorenes bzw. mangelndes Selbstvertrauen
  • Ein schlechter Lauf
  • Schiere Unsicherheit (ungewohntes Umfeld, neue Variante, unbekannte Spieler)
  • Ein zu hohes Limit (keine ausreichende Bankroll)
  • Neues Limit (Einsätze fühlen sich hoch an, ungewohnte Beträge, Verlustangst wegen höherer Einsätze)
  • Die Gewinnabsicherung (kein Risiko mehr, um die positive Session nicht aufs Spiel zu setzen)
  • Unbegründete Angst vor bestimmten Händen (schlechte Erfahrungen mit bestimmten Händen, Aberglaube)

Der Tight-passive Tilt ist im Gegensatz zum Loose-aggressivem Tilt, welcher sehr auffällig ist, sehr schwer zu erkennen. Dazu kommt noch, dass sich der Tight-passive Tilt oft so dahinschleicht und sich unter Umständen im Spiel ganz festsetzt. Diese dauerhafte Komponente macht diesen Tilt nicht nur so gefährlich, sondern auch sehr teuer. Gut an diesen beiden Tilt-Arten ist, dass diese meistens mit der Typologie, dem Charakter eines Menschen zusammenhängen und daher auch leichter zu erkennen sind. Es gibt allerdings auch Spieler, die am Pokertisch eine Schattenseite seines sonstigen Charakters auslebt, dieser kann von anderen nicht wiedererkannt werden.

Wie kann man diese Tilts erkennen und bekämpfen?

Auf ganz verschiedene Weise kann sich Tilt in das Spiel von Pokerspielern einschleichen. Spieler, die nicht rechtzeitig reagieren müssen, befürchten, dass seine Bankroll einen erheblichen Schaden nimmt. Nur wer Lösungen für Tilt findet, kann langfristig gesehen ein guter Poker Spieler werden.

Getreu dem Motto "man sieht nur was man weiß" kann nur der Spieler Tilt erkennen, der seine Emotionen kennt. Bevor man sich an den Pokertisch setzt, sollte man seine Emotionen prüfen, denn nur so kann man bei einem Tilt auch reagieren. Dabei ist entscheidend zu akzeptieren, dass Emotionen eine ganz natürliche Reaktion auf gute bzw. schlechte Ergebnisse sind. Natürlich wird das alleine noch nicht ausreichen, um Tilt zu bekämpfen oder abzulegen, wenn er sich eines Spielers bemächtigt hat. Das wichtigste, was sich der Spieler klar machen muss, ist, wie teuer der Tilt sein kann.

Was sind die Kosten von Tilt?

Beispiel: Spieler A ist ein sehr erfolgreicher Poker Spieler, der sich bei einer stabilen Gewinnquote mit 3BB/100 Händen etabliert hat. Allerdings weiß er auch, dass er sehr anfällig für Tilt ist und dadurch gelegentlich die Kontrolle verliert. Es kann ihm durchaus passieren, dass er bei einer richtig miesen Session wütend wird und einen ganzen Stack verblufft. Dieser Bluff gelingt auch in sehr seltenen Fällen, allerdings nehmen wir jetzt mal an, dass er nicht gelungen ist. Um es zu vereinfachen, nehmen wir mal an, dass der Spieler 100BB bei einem solchen Ausraster einbüßt. Da er auf 100 Händen normalerweise 3BB gewinnt, wird er 3.333 Hände benötigen, bis er seinen letzten Tilt wettgemacht hat. Wenn er nun 300 Hände in der Stunde an mehreren Tischen spielt, muss er mindestens 11 Stunden in Normalform pokern, um einen einzigen Ausraster auszugleichen. Rational leuchtet dieses Prinzip jedem Pokerspieler ein, dennoch kommt es immer wieder zu solchen Ausrastern. Daher ist es entscheidend, seine Emotionen wahrzunehmen, um darauf reagieren zu können. Das ist es was einen wirklich guten Poker Spieler aus macht. Merkt man allerdings, dass man nicht mehr Herr seiner Sinne ist, sollte man sich an folgende Tipps halten:

  • Aufhören pausieren
  • Sich auf etwas anderes konzentrieren
  • Bei Loose aggressivem Tilt: auf Micro-Limit wechseln
  • Bei Tight-passivem Tilt: auf ein etwas niedrigeres Limit wechseln

Fazit von Tilt

Kein Poker Spieler ist so erfolgreich, dass er sich in regelmäßigen Abständen einen Tilt leisten könnte. Daher bleibt jedem ernsthaften Spieler nichts anderes über, als sich mit seinem persönlichen Tilt auseinanderzusetzen. Dies kann er am besten, indem er seine Gemütsverfassung beim Pokern beobachtet, damit er möglichst frühzeitig seine eigenen Gefühle erkennen kann. Wer es schafft, Tilt häufiger zu erkennen, als dass er Schaden anrichten kann, und daraus die passenden Konsequenzen zieht, wird auf Dauer wesentlich erfolgreicher sein.