Seit Monaten hielten sich Spekulationen, ob Nancy Faeser als Bundesinnenministerin die Hessen-SPD in den Landtagswahlkampf führt.
03.02.2023 - 07:06:30Lob und Kritik: Faeser will Hessen-SPD in Wahlkampf führen. Jetzt herrscht Klarheit - mit gemischten Reaktionen.
Lob vom Bundeskanzler, Kritik von der Opposition: Die Reaktionen auf die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, bei der Landtagswahl in Hessen als SPD-Spitzenkandidatin antreten zu wollen, sind gemischt.
Während sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) sicher gab, dass die Arbeit seiner Ministerin nicht beeinträchtigt werde, kritisierten Politiker anderer Parteien die neue Doppelrolle für Faeser. Heute wird sich die Politikerin selbst öffentlich bei einem Treffen der Landespartei im im osthessischen Friedewald erklären.
Faeser: «Für mich ist Hessen Herzensangelegenheit»
Bundesinnenministerin Nancy Faeser bezeichnete ihre geplante Spitzenkandidatur für die SPD bei der hessischen Landtagswahl als Herzensangelegenheit. «Meine Heimat ist Hessen. Hier bin ich verwurzelt», sagte Faeser in Friedewald vor den für die Spitzenkandidatur entscheidenden Sitzungen der SPD-Gremien. Sie sei in Hessen aufgewachsen, ihre Familie lebe noch in dem Bundesland. «Für mich ist Hessen Herzensangelegenheit.» Die Landtagswahl ist am 8. Oktober.
Ihr Ziel sei, das Bundesland moderner, stärker und sozialer zu gestalten. «Deswegen trete ich an», erklärte die SPD-Landeschefin. Sie setze auf eine breite Zustimmung für ihre Bewerbung. Mit Kritik an ihrer künftigen Doppelrolle aus den Reihen der hessischen Sozialdemokraten rechne sie nicht. Die teils heftige Kritik von den anderen Parteien habe sie nicht überrascht. Es sei eine demokratische Selbstverständlichkeit, aus einem Amt heraus zu kandidieren.
Faeser hatte ihre Spitzenkandidatur für das Ministerpräsidenten-Amt in Hessen am Donnerstag angekündigt. Die 52-Jährige erklärte dabei, ihr Amt als Bundesinnenministerin vorerst behalten zu wollen. Auch im Fall einer Niederlage in Hessen will sie im Bundeskabinett bleiben.
Am Freitag wurde Faeser auch von den Parteigremien der hessischen SPD zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl nominiert. Die Gremien hätten sich einstimmig für sie ausgesprochen, sagte Faeser beim Hessengipfel der Sozialdemokraten in Friedewald. «Ich freue mich sehr darüber.» Beim geplanten Parteitag der SPD am 17. Juni in Hanau muss nun nur noch die Landesliste aufgestellt werden.
Faeser hatte bei der Verkündung ihrer Entscheidung betont, es sei eine demokratische Selbstverständlichkeit, dass Amtsinhaber bei Wahlen anträten. «Ich handhabe das genauso wie Olaf Scholz und Armin Laschet im Bundestagswahlkampf, wie Angela Merkel in vielen Wahlkämpfen zuvor und wie alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten, die in diesem Jahr für Wahlen kandidieren», sagte Faeser.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter meldete keine Einwände gegen die Kandidatur. «Ich halte Frau Faeser für eine sehr fähige Innenministerin», sagte der Vorsitzende Dirk Peglow dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Und es gab schon andere Konstellationen, in denen Politikerinnen und Politiker bei Wahlen kandidiert haben, ohne ihr Amt aufzugeben.» Er könne die Aufregung nicht nachvollziehen.
Opposition gegen «Teilzeitministerin»
Kritik hagelte es dagegen von der politischen Konkurrenz. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm (CDU), warf Faeser vor, ihren Amtseid zu brechen. «Nancy Faeser wird dem Eid, den sie als Innenministerin dem deutschen Volk geschworen hat, nicht gerecht. Ab jetzt ist Wahlkampf», sagte er der Mediengruppe Bayern. Das Amt vertrage keine «Teilzeitministerin».
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, dass ein Landtagswahlkampf viel Kraft und Zeit koste, die Faeser in ihrem Amt nicht aufbringen könne. «Gleichzeitig darf das Bundesinnenministerium nicht zur PR-Maschine für die politischen Ambitionen von Nancy Faeser in Hessen werden.»
CSU erhöht Druck auf Faeser
Vor allem in der Migrationspolitik erhöht die CSU den Druck auf Faeser. «Ich habe kein Problem damit, dass man sagt, man will Bundesinnenministerin bleiben - aber dann muss man den Job auch erfüllen», sagte CSU-Chef Markus Söder am Freitag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. «Die Jobbeschreibung heißt, sich zu kümmern und nicht sich wegzuducken.»
Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen- Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, gab sich skeptisch. «Das Bundesinnenministerium ist eins der größten Häuser der Bundesregierung und braucht die volle Aufmerksamkeit», sagte sie dem RND.
Beim heutigen Hessengipfel ist ein öffentliches Statement der Partei zur Spitzenkandidatur geplant. Als Gäste werden bei dem Treffen am Freitag auch die Ministerpräsidentinnen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland, Malu Dreyer und Anke Rehlinger (beide SPD), erwartet. Am darauffolgenden Tag wollen die hessischen Sozialdemokraten dann hinter verschlossenen Türen über ihre Schwerpunkte für den Landtagswahlkampf diskutieren.