Präsident, Recep Tayyip Erdogan

Erdogan und sein Herausforderer liegen bei den Wahlen dicht beieinander.

14.05.2023 - 22:17:21

Anadolu: Erdogan und Kilicdaroglu steuern auf Stichwahl zu. Die Opposition zweifelt die Daten der Staatsagentur an. «Wir werden heute Nacht nicht schlafen», kündigt Kilicdaroglu an.

  • Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan, rufen bei einer Wahlkampfveranstaltung Parolen. - Foto: Emrah Gurel/AP/dpa

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  • Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gibt seinen Stimmzettel in eine Wahlurne in Istanbul. - Foto: Umit Bektas/Pool Reuters/AP/dpa

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  • Kemal Kilicdaroglu winkt seinen Anhängern nach der Stimmabgabe in Ankara. - Foto: Uncredited/AP/dpa

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Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan, rufen bei einer Wahlkampfveranstaltung Parolen. - Foto: Emrah Gurel/AP/dpaDer türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gibt seinen Stimmzettel in eine Wahlurne in Istanbul. - Foto: Umit Bektas/Pool Reuters/AP/dpaKemal Kilicdaroglu winkt seinen Anhängern nach der Stimmabgabe in Ankara. - Foto: Uncredited/AP/dpa

Im Rennen um die Präsidentschaft in der Türkei zeichnet sich eine Stichwahl ab. Bei der Auszählung von rund 89 Prozent der Stimmen lag Erdogan bei rund 49,94 Prozent und damit unter der erforderlichen absoluten Mehrheit, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntagabend berichtete. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, gemeinsamer Kandidat eines Sechser-Bündnisses, lag demnach bei 44,3 Prozent.

Die Staatsagentur veröffentlicht in der Regel zunächst die Auszählungsergebnisse in Erdogan-Hochburgen. Die größte Oppositionspartei CHP warf der islamisch-konservativen AKP Erdogans zudem vor, bewusst Einspruch gegen die Ergebnisse in Hochburgen der Opposition einzulegen. Dadurch werde die Auszählung langsamer gemacht, und das Ergebnis falle zunächst zugunsten der Regierung aus.

Der Kandidat eines ultranationalistischen Parteienbündnisses, Sinan Ogan, lag laut Anadolu bei 5,3 Prozent. Muharrem Ince von der Vaterlandspartei hatte seine Kandidatur kurz vor der Wahl zurückgezogen, seine Name stand aber noch auf den Stimmzetteln.

Bekommt keiner der drei Kandidaten mehr als 50 Prozent der Stimmen, geht es für die beiden führenden Bewerber am 28. Mai in eine Stichwahl.

Kilicdaroglu: Werden heute Nacht nicht schlafen

Die Opposition hatte zuvor von Anadolu gemachte Angaben angezweifelt. «Die Fiktion, die mit 60 Prozent angefangen hat, ist mittlerweile auf unter 50 Prozent gesunken», schrieb Kilicdaroglu. Er wie auch Erdogan rief die Wahlbeobachter auf, die Auszählung bis zum Ende zu beaufsichtigen. «Wir werden heute Nacht nicht schlafen», schrieb Kilicdaroglu auf Twitter.

Wie Wahl in der Türkei gilt als richtungsweisend und wegen der zu erwartenden innen- und außenpolitischen Auswirkungen als eine der weltweit wichtigsten in diesem Jahr.

Erdogan mit so viel Macht wie noch nie

Seit der Einführung eines Präsidialsystems vor fünf Jahren hat der 69 Jahre alte Erdogan so viel Macht wie noch nie und kann weitestgehend am Parlament vorbei regieren. Kritiker befürchten, dass das Land mit rund 85 Millionen Einwohnern vollends in die Autokratie abgleiten könnte, sollte er erneut gewinnen. Auch international wird die Abstimmung in dem Nato-Land aufmerksam beobachtet.

Die Wahl lief nach einer ersten Einschätzung der zuständigen Behörde ohne Probleme ab. Oppositionspolitiker meldeten kleinere Zwischenfälle aus verschiedene Provinzen. Rund 64 Millionen Menschen im In- und Ausland waren zur Stimmabgabe aufgerufen. In Deutschland waren rund 1,5 Millionen Menschen mit türkischem Pass stimmberechtigt.

Schlechte wirtschaftliche Lage als bestimmtendes Thema

Der Wahlkampf war angespannt und galt als unfair, vor allem wegen der medialen Übermacht der Regierung. Bestimmendes Thema war die schlechte wirtschaftliche Lage mit einer massiven Inflation. Erdogan versprach unter anderem eine Anhebung von Beamtengehältern und weitere Investitionen in die Rüstungsindustrie. Er führte eine aggressive Kampagne und beschimpfte die Opposition als «Terroristen». Ein beliebter Oppositionspolitiker war nur eine Woche vor der Wahl mit Steinen beworfen worden. Kilicdaroglu trug am Freitag bei einem Auftritt in der Erdogan-Hochburg Samsun eine kugelsichere Weste.

Kilicdaroglu gilt als besonnener Politiker. Er stammt aus der osttürkischen Provinz Tunceli und gehört der religiösen Minderheit der Aleviten an. Der Oppositionsführer will die Unabhängigkeit von Institutionen wie der Zentralbank wiederherstellen und die hohe Inflation in den Griff bekommen. Er steht für eine Wiederannäherung an Deutschland und die EU, aber auch für eine schärfere Migrationspolitik.

@ dpa.de