Der Tod eines 29 Jahre alten Schwarzen nach einem brutalen Polizeieinsatz in den USA löst Entsetzen aus.
29.01.2023 - 01:29:46US-Polizeigewalt: Verantwortliche Sondereinheit aufgelöst. Proteste bleiben zunächst friedlich, erste Konsequenzen sind inzwischen erfolgt.
Die Polizei in Memphis hat die Sondereinheit aufgelöst, die für den gewaltsamen Tod des Schwarzen Tyre Nichols verantwortlich gemacht wird. Nach Rücksprache mit Nichols' Familie, anderen Mitgliedern der Gemeinde sowie Beamten des Teams habe man entschieden, die umstrittene Einheit aufzulösen, teilte die Polizei von Memphis im US-Bundesstaat Tennessee gestern (Ortszeit) mit.
Alle fünf Polizisten, die des Mordes an Tyre Nichols angeklagt sind, seien Teil der Einheit gewesen, wie der Sender CNN unter Berufung auf die Polizeibehörde berichtete. Die Sondereinheit war erst 2021 gegründet worden, um besser auf organisierte Kriminalität und Drogendelikte reagieren zu können, sagte die Polizei von Memphis damals dem Sender ABC.
Tod bei einer Verkehrskontrolle
Nichols war am 7. Januar bei einer Verkehrskontrolle von den Polizisten brutal zusammengeschlagen worden. Drei Tage später erlag er im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen. Nach seinem Tod wurden Videoaufnahmen von dem brutalen Polizeieinsatz veröffentlicht. Auf den Bildern - die von sogenannten Körperkameras der beteiligten Beamten gemacht wurden - ist zu sehen, wie die Polizisten immer wieder auf Nichols einschlagen.
Er ruft mehrfach um Hilfe - ohne Erfolg. Der Afroamerikaner starb drei Tage nach dem Einsatz an seinen Verletzungen. US-Präsident Joe Biden zeigte sich von den Bildern schockiert. An mehreren Orten kam es zu Protesten.
In den Videos ist zu sehen, wie Nichols von der Polizei in seinem Auto angehalten wird. Die Beamten - ebenfalls Schwarze - ziehen ihn aus dem Auto und drücken ihn nach unten. Immer wieder brüllen sie ihn an, zu Boden zu gehen - dabei liegt er dort schon. Nichols bittet die Polizisten mehrmals, aufzuhören. Er sei auf dem Weg nach Hause. «Ich habe nichts getan.» Schließlich reißt er sich los und versucht, zu Fuß zu fliehen. Der Versuch eines Beamten, ihn mit einem Elektroschocker aufzuhalten, schlägt fehl.
Nichols wird dann an einer anderen Straßenkreuzung von Beamten gefasst. Aus drei verschiedenen Perspektiven - aufgenommen auch von einer festinstallierten Kamera an einer Straßenlaterne - ist zu sehen, was sich weiter abspielt. Mehrere Beamte halten Nichols fest, während ihn andere Polizisten brutal mit Fäusten und einem Schlagstock schlagen. In einem Video sieht es so aus, als sprühe ihm ein Polizist etwas ins Gesicht. Nichols stöhnt und jammert. Mehrmals ruft er laut nach seiner Mutter.
Nichols starb drei Tage später im Krankenhaus
In einer anderen Einstellung ist zu sehen, wie zwei Polizisten Nichols' Oberkörper hochhalten, während ihm ein dritter Beamter gegen den Kopf tritt. Danach schleifen die Einsatzkräfte den schwer verletzten Mann zu einem Einsatzfahrzeug und lehnen seinen Oberkörper gegen die Seite des Wagens. Nichols starb drei Tage später im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Fünf beteiligte Polizisten wurden inzwischen aus dem Dienst entlassen und festgenommen. Sie sollen sich vor Gericht verantworten müssen.
Das Video sorgte in den USA und darüber hinaus für Empörung. Demonstranten blockierten am Abend friedlich eine Autobahn, die durch Memphis führt. Viele hielten Schilder, auf denen «Gerechtigkeit für Tyre» stand. Bei Protesten in New York wurden Medienberichten zufolge drei Menschen festgenommen. Biden sagte am Abend, er habe das Video gesehen und sei schockiert. Der Vorfall erinnere ihn an die tiefe Angst, das Trauma, den Schmerz und die Erschöpfung, die viele schwarze Amerikaner und Amerikanerinnen jeden Tag verspürten.
Fünf Polizisten wurden inzwischen wegen Mordes und anderer Straftaten angeklagt. Nach Veröffentlichung des Videos gab der Sheriff des Bezirks bekannt, dass zwei weitere Beamte, die ebenfalls am Tatort waren, vom Dienst freigestellt worden seien. Es laufe eine interne Untersuchung. Auch gegen zwei Einsatzkräfte der Feuerwehr werde ermittelt, berichtete der Sender CNN.
Anwälte der Familie prangern rassistisches Vorgehen an
In den USA kommt es immer wieder zu tödlicher Polizeigewalt mit überwiegend schwarzen Opfern. Die Anwälte der Familie prangerten rassistisches Vorgehen an. Die fünf angeklagten Ex-Polizisten sind ebenfalls schwarz. Ein Vorstandsmitglied der Bewegung Black Lives Matter sagte dazu, jeder, der in einem System arbeite, das staatlich sanktionierte Gewalt anwende, mache sich der Aufrechterhaltung weißer Vorherrschaft mitschuldig.
In der Vergangenheit lösten derart brutale Polizeieinsätze wiederholt heftige Proteste aus. So führte der Tod des Afroamerikaners George Floyd im Mai 2020 zu landesweiten Demonstrationen und teils gewaltsamen Ausschreitungen. Nichols' Fall wird auch oft mit dem Angriff auf Rodney King verglichen. King wurde 1991 in Los Angeles brutal von der Polizei verprügelt. Er überlebte schwer verletzt.