Widerruf, Vorfälligkeitsentschädigung

Widerrufsjoker: Warum der Widerruf eines Darlehens ohne Anwalt schnell zum Eigentor werden kann

Wer den Widerruf eines Kredits gegenüber seiner Bank durchsetzen will, der hat zwei Möglichkeiten. Entweder er sucht sich einen kompetenten Anwalt – oder er versucht es auf eigene Faust. Die zweite Variante ist in den meisten Fällen zum Scheitern verurteilt. Dies zeigen die Erfahrungen, die wir bei der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info) in den vergangenen Monaten gesammelt haben.

Meist reagieren die Banken auf ein Schreiben des Kunden lediglich mit einer Standard-Ablehnung. Wenige Ausnahmen sind uns von zumeist ländlichen Volksbanken und Sparkassen bekannt oder wenn der Kunde aus anderen Gründen ein wichtiger Klient des Kreditinstituts ist. Aber wer hat schon ein dickes Wertpapierdepot, mit dessen Kündigung er seine Bank unter Druck setzen kann?

Zeigt Ihnen die Bank die kalte Schulter, dann steht immer noch der Weg zum Anwalt offen. Sie haben dann lediglich etwas Zeit verloren. Schlimmer sieht es allerdings aus, wenn sich der Kunde ohne kompetente Beratung mit der Bank auf einen Vergleich einigt, der ihm auf den ersten Blick niedrigere Zinsen bietet – auf den zweiten Blick aber zu einem bösen Eigentor werden kann. Und das geht so: Angenommen, Sie haben einen Kreditvertrag aus dem Jahr 2008 für den Sie fünf Prozent Zinsen bezahlen. Die Zinsbindung besteht noch bis 2018. Nun erklären Sie gegenüber Ihrer Bank den Widerruf dieses Darlehens aufgrund einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung. Die Bank weist den Widerruf zunächst zurück, macht Ihnen dann „aufgrund der langjährigen guten Kundenbeziehung“ oder „aus Kulanzgründen“ und selbstverständlich „ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht“ folgendes Vergleichsangebot: Sie zahlen ab sofort nur noch drei Prozent Zinsen statt fünf Prozent. Dafür wird die Zinsbindung vorzeitig um neue zehn Jahre verlängert. Klingt gut? Vergessen Sie es!

Wer ein solches Angebot bekommt und es annimmt, der fällt auf einen Bauerntrick der Banken herein. Rechnen wir doch einmal nach: Bei noch verbleibender Zinsbindung von drei Jahren sparen Sie also zwei Prozent Zins pro Jahr, insgesamt also sechs Prozent. Klingt soweit nicht schlecht. Danach zahlen Sie aber für weitere sieben Jahre ebenfalls einen Zins von drei Prozent. Und da wird es bitter.

Denn wenn Sie heute ein sogenanntes Forward-Darlehen für die Zeit von 2018 – also dem Ende der ursprünglichen Zinsbindung – bis 2025 abschließen, dann zahlen Sie bei vernünftiger Bonität allerhöchstens einen Zins von 1,5 bis zwei Prozent. Verglichen mit den drei Prozent, die Ihnen Ihre Bank anbietet, ist das ein Aufschlag von einem bis 1,5 Prozent jährlich. Auf sieben Jahre gerechnet zahlen Sie also sieben bis 10,5 Prozent mehr – nachdem Sie zuvor in den ersten drei Jahren sechs Prozent „gespart“ haben.

Findige Mathematiker werden jetzt einwenden, dass diese Rechnung arg vereinfacht ist, weil sie keine Tilgung und auch keine Abdiskontierung beinhaltet. Das ist richtig. Deshalb fürs Protokoll: Wenn Sie eine sehr hohe Tilgung (z.B. vier bis fünf Prozent jährlich) haben, mag dieses Angebot Ihrer Bank für Sie einen kleinen Vorteil bringen, weil die teuren Zinsen „hintenraus“ nicht mehr so weh tun. Für die meisten Kunden aber gilt: Unter dem Strich haben Sie bei einem solchen Angebot nichts gespart, sondern unter Umständen sogar draufgezahlt – und sich die Chance auf den Widerrufsjoker genommen.

Deshalb sollten Sie ein solches „Kompromissangebot“ Ihrer Bank genau und kritisch durchrechnen. Oder besser noch: Sie suchen sich gleich einen kompetenten Anwalt, beispielsweise mit Hilfe der IG Widerruf. Denn der wird Ihrer Bank deutlich machen, was von einem solchen Angebot zu halten ist: nämlich wenig.

Unsere Erfahrungen zeigen deutlich, dass viele Banken solche Bauerntricks gar nicht erst versuchen, sobald ein Anwalt eingeschaltet ist, der klare Kante zeigt. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Die DSL-Bank gehört leider zu jenen Kreditinstituten, die es auf diese Tour versucht, auch wenn ein Anwalt dabei ist. Dann hilft nur eines: mit einer Klage nicht nur zu drohen, sondern diese auch durchzuziehen. 

 

@ ad-hoc-news.de | 10.06.15 11:16 Uhr