Aktien, Anleihen

US-Märkte als Kristallkugel

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

in der Ausgabe der Börse-Intern vom 06.07 sprachen wir davon, dass die EZB der Fed mit ihrer Geldpolitik folgt. Für die Aktienmärkte selbst ist dies ganz ähnlich, der DAX folgt den US-Indizes. Deshalb sollte man stets die US-Märkte im Blick haben, zumindest wenn man wissen möchte, wie sich die Kurse auf den heimischen Märkten entwickeln werden.

Die US-Märkte geben den Ton an

Um Prognosen abzuleiten, schauen wir uns im folgenden einen Vergleich der drei großen US-Indizes Dow Jones, S&P 500 und NASDAQ 100 an:

DJIA, S&P500, N100 (Tageschart seit Februar)

Auf den ersten Blick scheinen die Kursverläufe relativ ähnlich verlaufen zu sein. Im Frühjahr markierten sie ihr erstes Hoch (Punkt 1), auf die eine mehr oder weniger ausgeprägte Konsolidierung folgte. Beendet wurde diese dann mit einem Ausbruch nach oben und einem neuen Hoch (2). Nach dem Hoch setzte eine bis heute anhaltende Konsolidierung ein.

Auf die Details kommt es an

Entscheidet ist hier jedoch nicht worin sich die Indizes gleichen, sondern in welchen Details sie sich unterscheiden.  So wies der NASDAQ 100 im Frühjahr eine deutlich bessere Performance auf, als die anderen beiden Indizes. Die Kursgewinne von Februar bis Anfang März fielen zwar etwa gleich aus (was aus Darstellungsgründen hier nur abgeschwächt sichtbar wird). Anschließend hielt sich der  NASDAQ 100 in einer Seitwärtsbewegung auf, in der er im April sogar kurz ein neues Hoch (1) erreichte. Kurz darauf folgte schon der nächste nachhaltige Ausbruch nach oben Ende April. Dow Jones und S&P 500 konsolidierten währenddessen, um dann erst in der zweiten Hälfte des Mai dem NASDAQ 100 zu folgen.

Ein Punkt ist dabei von besonderem Interesse: Zweimal testete der S&P 500 sein altes Hoch vom März, bevor er zu seinem Ausbruch ansetzte. Der DOW Jones schwächelte schon eher und musste deutlich früher Kursverluste einstecken (siehe gelbe Ellipse). Passend dazu schaffte er seinen Ausbruch auch erst einige Tage später als der S&P 500 (siehe senkrechte graue Linie).

Der NASDAQ 100 hatte an dieser Stelle die beiden anderen Indizes bereits abgehängt. Als die Rücksetzer von Mitte Mai beim Dow Jones und S&P 500 zuschlugen, standen diese noch unter ihren Frühjahrhochs (grüne Linien). Der NASDAQ demonstrierte hingegen seine Stärke und hielt sich mit stattlichen Abstand über seinem Frühjahrshoch.

Warum ein starker NASDAQ 100 so wichtig ist

Doch was macht den NASDAQ 100 so besonders? Er gibt einen sehr klaren Hinweis auf das Risikoverhalten der Anleger! Als Technologieindex der USA gilt ein Investment in ihn als relativ risikoreich. Auf der anderen Seite ist der der Dow Jones mit den 30 der größten US-Aktien sehr defensiv.

Die Anleger haben also die Wahl zwischen den eher risikoreichen NASDAQ 100 und den defensiven Dow Jones. Als die Anleger bis Juni (als die Indizes bei Punkt 2 ihre vorläufigen Hochs erreichten) den NASDAQ 100 favorisierten, agierten sie damit sehr bullish! Nicht umsonst wird der NASDAQ 100 auch vielfach als Vorläufer für die US-Märkte gesehen.

Schauen wir uns unter diesem Aspekt an, wie es seitdem weiterging:

Kehrtwende an den US-Märkten

Seit Anfang letzten Monats befinden sich alle drei Indizes in einer unterschiedlich starken Konsolidierungsphase. Der NASDAQ 100 sticht hier besonders heraus, da er sein Hoch noch vor den anderen beiden Indizes erreichte (siehe senkrechte hellrote Linie). Dazu kommt, dass der NASDAQ 100 das erste markante Zwischentief (Punkt 3) in der Vorwoche mehrfach unterschritten hat (Punkt 5). Währenddessen hielt sich der Kurs des S&P 500 auf etwa gleicher Höhe und der Dow Jones sogar noch klar darüber.

Auch die Erholungsbewegungen zwischen diesen beiden Tiefpunkten (3 und 5) verliefen deutlich unterschiedlich. So machte der S&P 500 einen Vorstoß bis an die Oberkante seines Konsolidierungskanals, während der Dow Jones sogar ein neues Hoch (Punkt 4) markierte. Im NASDAQ 100 waren Anzeichen einer Gegenbewegung vergeblich zu suchen!

Der NASDAQ 100 hinkt also kräftig hinterher, während der DOW Jones Stärke beweist (der im Gegensatz zu den anderen beiden Indizes nur in einer Seitwärtsbewegung konsolidiert). Damit haben die Stärkeverhältnisse der US-Indizes eine Kehrtwende um 180 Grad gemacht.

Darauf ist jetzt zu achten

Rufen wir uns das oben erläuterte Risikoverhalten der Anleger in die Erinnerung, können wir daraus ableiten, dass die Anleger nun das Risiko eher meiden und „sichere“ Häfen ansteuern! Dies ist ganz klar als wichtiges Warnsignal zu deuten.

Die Frage ist, ob dieses Verhalten auf eine große Korrektur hinweist. Die Antwort darauf ist erstmal Nein. Grund dafür ist, dass das übergeordnete Chartbild nach wie vor bullish bleibt. Nichtsdestotrotz sollten wir nun auf zwei Dinge besonders achten.

Zum einen darf der Kurs nicht unter die alten Hochs (grüne Linien) zurückfallen. Wenn die Ausbrüche vom April/Mai zu Fehlausbrüchen werden, wäre dies aus übergeordneter Sicht bearish zu werten. Zum anderen sollte der NASDAQ 100 zu neuer Stärke finden, wenn die Konsolidierung ihr Ende gefunden hat.

Auf das große Bild kommt es an

Man darf dabei auch nicht vergessen, dass der NASDAQ 100 aus übergeordneter Sicht immer noch etwas stärker ist als die beiden anderen US-Indizes. Sein Abstand zu seinem alten Hoch (grüne Linie) liegt deutlich weiter entfernt, als es bei dem S&P 500 der Fall ist. In ähnlich gefährlicher Nähe zu dieser Grenze befindet sich auch  der Dow Jones.  Aufgrund der Stärke, die er zuletzt gezeigt hat, konnte dieser aber wieder etwas Boden gutmachen.

Bei all dem Gerede von Konsolidierungen sollte man aber etwas Wichtiges nicht vergessen. Wir befinden uns nach wie vor in intakten Aufwärtstrends! Es wäre demnach nicht verwunderlich, wenn der ganze „Spuk“ mit einem Test der alten Hochs sein Ende findet. Anschließend könnten die Bullen wieder Vollgas geben und die Rally geht weiter.

Auf der anderen Seite Sind die US-Märkte trotz der laufenden Konsolidierungen immer noch überbewertet. Außerdem startet in der nächsten Woche die US-Quartalsberichtssaison. In dieser werden wir weiterer Erkenntnisse über die Situation der US-Unternehmen gewinnen. Bis es soweit ist, werden die meisten Anleger weiterhin vorsichtig agieren.

Mit besten Grüßen

Ihr Torsten Ewert

 (Quelle: www.stockstreet.de)

 

 

@ ad-hoc-news.de | 11.07.17 10:43 Uhr